Tod eines Bestatters

Freilich, da hat es am 13. des August anno 2010 in Altkötzschenbroda einige Einwohner und Touristen gegeben, die die Hand vor der Stirn kreisen ließen. Andere haben sich gekämmt, erwartend, eine tragende Rolle von einigen Sekunden in einem Historienfilm gestalten zu können. Wieder andere werdens wohl als irgendein Spectaculum genommen haben.
 
Doch war da nichts von Alledem.
 
Denn der Anlaß war so ernst, wie er nur sein konnte. Galt es doch, Josef Fuchs zu Grabe zu tragen. Unwiderruflich. Schwer zu akzeptieren, sein Tod im Alter von 50 Jahren. Wo er soviel Nützliches schon getan und Weiteres geplant hatte. Sei es, Anderen zu helfen bei Dingen des täglichen Lebens, sei es, ihnen Vergnügen zu bereiten bei passenden Anlässen. Und Letzteres besonders in seiner Rolle als Bestattungsunternehmer im Wilden Westen. Weithin bekannt als DER UNDERTAKER J.A.FOX. Dennoch immer anspruchslos im Sinn des Wortes und besonders gegenüber dieser Gesellschaftsordnung. Seine Welt und seine Familie war Fort Henry und der Schützenverein Kötzschenbroda geworden. Weltfremd jedoch war er nicht. Er beherrschte die Kunst, informiert zu sein in den Bereichen der Computertechnik, der Kultur und des Lebens.
 
Was lag näher, das Begräbnis so zu gestalten, wie es seinen angenommenen Lebensumständen entsprach? Und so fanden sich hierfür die Mitglieder des Vereins und Freunde im Wildwest-Sonntags-Outfit zusammen, so originalgetreu wie es halt eben möglich war und ihrer Wahlgestalt angemessen. So daß also vom Landsknecht, Outlaw bis zum Sherriff eine Vielfalt an Variationen und Rollen zu sehen war. Was dann sicher zu den am Anfang erwähnten Handlungen der Zuschauer führte. Doch wird es sich in der nächsten Zeit wohl bis zum letzten Einwohner herumsprechen, um was es ging. Und vielleicht auch Erstaunen und ein wenig Nachdenken auslösen. Im Nämlichen, wer das denn war und wie es sein kann, daß den so viele Leute auf seinem letzten Weg begleitet haben. Denn zu den zahlreichen Mitgliedern der "Szene" kamen durchaus noch viele andere, die mitgingen. So daß letztlich ein höchst beeindruckender Trauerzug unterwegs war. Mit zur Szene gehörigen Musikern, die es verstanden, dazu passend zu spielen, ohne in Klamauk auszuarten. Jeder weiß, daß gerade so etwas einiges Können erfordert. Erwähnt sei auch die unaufdringliche, doch perfekte Organisation des Ganzen durch den Vereinsvorsitzenden und den Pastor der Freien evangelischen Gemeinde Radebeul.
 
Es herrschte also nicht stockiger, unbedingt traditionskonformer Ernst, sondern Ungezwungenheit. Und dennoch war in den Gesichtern immer wieder mal dieser Anflug von "es kann doch nicht sein" und dem gleichzeitigen Wissen "es ist so" zu sehen. Das hat mich doch sehr angerührt.
 
Nicht unerwähnt sollte sein, daß Radebeul vermutlich einer der wenigen Orte im amtsgrauen Deutschland ist, wo ein Ereignis in dieser Art noch stattfinden kann. Und ich würde es der Gemeinde und der Kirche gönnen, wenn davon mit Hochachtung noch ein Weilchen gesprochen würde in der Gegend.
 
Unvergeßlich auch die Trauerfeier. Freilich wurden Regeln eingehalten, denn das gehört zur Achtung vor dem Verstorbenen. Aber wo hat man schon etwas in der Art, daß Szenemusiker in einer Trauerhalle musikalisch begleiten und wo gewissermaßen "in vivo" Aspekte und Bezüge der Funktion eines Telefons zum Leben von Josef Fuchs erklärt werden.
 
So war es denn selbstverständlich, daß auch der abschließende Gang zur (sehr ansehnlichen) Grabstätte in angenehmer und angemessener Form stattfand. Und wie so oft ist wohl Vielen erst hier das Endgültige des Vorgangs klar geworden.
 
Das ist dem Menschen eigen und vielleicht gut so.
 
21.8.2010